Die Feststellung einer Inselbegabung, die auch als Savant-Syndrom bezeichnet wird, ist keine offizielle medizinische Diagnose mit festgelegten Kriterien. Ob das Savant-Syndrom eine Diagnose ohne festgelegte Kriterien sein kann?
Stattdessen handelt es sich um ein Phänomen, das oft im Zusammenhang mit anderen Entwicklungsbesonderheiten (oder auch Entwicklungsstörungen) wie Asperger-Syndrom, Autismus oder geistiger Behinderung beobachtet wird.
Eine Inselbegabung wird in der Regel durch eine umfassende fachärztliche Beurteilung festgestellt.
Ich erinnere mich (während und nach Feststellung des Savant-Syndroms) an viele spannende Test‘s und Beurteilungen.
Dazu gehören: Beobachtung und Feststellung der Interessen und der Fähigkeiten. Fachleute achten darauf, in welchen Bereichen eine Person überdurchschnittliche und/oder außergewöhnliche Fähigkeiten zeigt. Das können zum Beispiel Mathematik, Grund- und Prinzipienverständnis (schnelle Auffassungsfähigkeit), ein phänomenales Gedächtnis, musikalische oder künstlerische Talente sein.
Eigene fokussierte und/oder entwickelte Spezialinteressen bieten ebenso eine Grundlage für überdurchschnittliche Leistungen und Fähigkeiten.
Tests und Beurteilungen: Es können EQ-/IQ-Tests und andere psychologische Beurteilungen durchgeführt werden, um das gesamte kognitive Profil der Person zu erfassen. Oft zeigen Menschen mit Inselbegabung einen sehr niedrigen IQ im Allgemeinen, aber einen extrem hohen Wert in ihrem speziellen Begabungs- bzw. Interessensbereich. Es können ausserdem mehrere sein. Inselbegabung mit weitere Teilbereiche-Erreichbarkeit ist mir nicht unbekannt.
Anamnese: Die Ärzte (Neurologie, Psychiatrie, Psychologie) können die Familie und Bezugspersonen befragen, um Informationen über die Entwicklung, die Krankengeschichte und die Verhaltensweisen der Person zu erhalten. Solche Informationen sind entscheidend, um ein Gesamtbild zu verstehen (und auch verstanden zu haben).
Wichtig ist außerdem: Eine Inselbegabung ist nicht dasselbe wie eine Hochbegabung. Während Hochbegabte in der Regel einen überdurchschnittlichen IQ über alle Bereiche hinweg haben, bezieht sich die Inselbegabung auf eine extrem spezifische, herausragende Fähigkeit, die oft im Kontrast zu den allgemeinen kognitiven Fähigkeiten steht.
Es gibt außerdem Menschen mit Inselbegabung(en), welche einen überdurchschnittlichen IQ / EQ in allen Bereichen haben.
Menschen mit Asperger-Syndrom können einen überdurchschnittlichen IQ/EQ haben, demnach auch eine Hochbegabung.
Es gibt Menschen, welche sowohl Asperger-Syndrom als auch Autimus (bsp. atypisch funktionaler Autismus/atypischer Autismus) und das Savant-Syndrom haben. Das Savant-Syndrom kann mit dem Asperger-Syndrom, dem atyischen Autismus (sowie weiterer Codes im ICD10/ICD11) zugeordnet werden.
Es kann demnach sein, dass es Menschen mit ASS, Asperger-Syndrom und/oder atypischem Autismus gibt, welche sowohl eine Hochbegabung, als auch eine Inselbegabung haben.
Was ebenso logisch ist: Hat ein Mensch eine festgestellte Hochbegabung und Jahre später einen Unfall, und es wird in Folge das Savant-Syndrom als Inselbegabung festgestellt (ohne das der Unfall Einfluss auf Hochbegabung hat), hat dieser Mensch eine festgestellte Hochbegabung und das Savant-Syndrom (Inselbegabung). Wenn festgestellt, auch bspw. ASS. Es ist auch möglich, dass eine Inselbegabung als Savant-Syndrom festgestellt wird.
Zu der Frage: Gibt es Menschen mit dem Savant-Syndrom, welche keine Inselbegabung haben?
Antwort: Per Definition nicht. Es ist jedoch zu beachten, dass das Savant-Syndrom und Inselbegabung synonym verwendet werden (was ein potentielles „JA“ verursachen kann). Definitionen sind nicht im Stein gemeißelt.
Definitionsgemäß beschreibt das Savant-Syndrom jedoch das Phänomen einer Inselbegabung, die meist im Kontext einer anderen Entwicklungsstörung (wie Autismus oder einer geistigen Behinderung) auftritt, welche zuvor entstanden ist. Ich kann mir vorstellen, dass es auch Menschen mit dem Savant-Syndrom gibt, ohne das eine geistige Behinderung festgestellt wurde oder feststellbar ist.
Der Begriff Savant-Syndrom wurde geprägt, um die spezielle und herausragende Fähigkeit (die „Insel“) zu betonen, die bei diesen Personen oft im Kontrast zu ihren allgemeinen kognitiven Einschränkungen steht.
Nicht alle Autisten sind Savants: Es wird geschätzt, dass etwa 10 % der Menschen mit Autismus auch Savant-Fähigkeiten aufweisen, aber das bedeutet, dass die große Mehrheit der Menschen mit Autismus / Asperger-Syndrom keine Inselbegabung haben.
Es gibt auch Savants ohne Autismus: Etwa die Hälfte der bekannten Savants hat eine Autismus-Spektrum-Störung, die andere Hälfte hat eine andere Form der geistigen Behinderung oder eine Hirnverletzung. Ich kann mir vorstellen, dass es Menschen mit dem Savant-Syndrom gibt, bei denen keine geistige Behinderung oder Hirnverletzung festgestellt wurde bzw. feststellbar ist.
Bei normaler Intelligenz: In sehr seltenen Fällen kann eine Inselbegabung auch bei Menschen mit einem durchschnittlichen oder sogar überdurchschnittlichen IQ auftreten.
Auch diese Fälle fallen unter das Savant-Syndrom.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Das Savant-Syndrom ist der medizinische oder psychologische Begriff für das Phänomen der Inselbegabung. Die beiden Begriffe sind so eng miteinander verbunden, dass das eine ohne das andere bekanntermaßen nicht existiert.
Am Rande: Früher beschrieb man atypischen Autismus auch als autistische Züge. Was wohl häufiger vorkam, insbesondere wenn man deutlich Asperger ist und eine weitere Form (wie z.B. atypischer Autismus) vorhanden, erkennbar und/oder feststellbar ist. So der Stand der Dinge (SDD) und die Entwicklung in den 1990er/2000er.
Ich erinnere mich noch an das „Hin und Her“ während meiner Diagnosezeit. Erst war ich Asperger mit autistischen Zügen, und dann konnte man sich auf Asperger-Syndrom (hochfunktional) und Savant-Syndrom (atypisch funktionaler Autismus) „einigen“. Musste ja alles eingeordnet werden und: Blieb in den Codes! Achja: Asperger-Autismus gab/gibt es ja auch noch.
Ich persönlich finde den heutigen Stand als orientierter, einheitlicher und standardisierter.
Und dann gibt es noch: Die Dunkelziffer.